Wie oft sucht man ausführliche Rezensionen und findet nur den kurzen Infotext? Hier finden Sie indivduelle Renzensionen von unserer Buchhändlerin Gitte Nölke.
Dieses Mal drei Romane, die sie auch im Onlineliteratursalon kurz vorstellt. Doch da wir in den Videos nur kurz anreissen worum es geht und warum dieses Buch lesenswert ist, finden Sie hier eine ausführliche Beschreibung.
Viel Spass bei Hineinschmökern.
Geboren 1961 in Berlin, Sohn von Willy Brandt
Schauspieler (Kommissar Hans von Meuffels in Polizeiruf 110, Zeugenhaus, Babylon Berlin, Geheimnis des Totenwaldes, Sörensen hat Angst)
Schriftsteller: Raumpatrouille (autobiografisches aus der Kindheit)
Der Roman spielt in den 70ern und erzählt die Geschichte einer Freundschaft. Morten genannt Motte und Bogi sind beide 15 und beste Freunde. Sie planen den kommenden Sommer und träumen gemeinsam von der Zukunft, die vor ihnen liegt. Doch dann schlägt das Schicksal zu und Bogi bekommt die Diagnose Krebs. Motte ist völlig überfordert, todtraurig und weiß nicht, wie er reagieren soll. Und dann verliebt er sich auch noch. Erste Liebe (Jaqueline) mit Schmetterlingen im Bauch und die Angst um seinen besten Freund treffen aufeinander. Keiner da mit dem Motte sein Glück teilen kann und keiner da, mit dem er seine Ängste besprechen kann. Zu allem Überfluss trennen sich auch noch seine Eltern.
Doch da taucht Schornsteinfegerin Steffi auf und die beiden gemeinsamen Freunde (Jan und Walki) von Bogi und Motte sind ja auch noch da.
Das Leben geht weiter, während Bogi darauf hofft gesund zu werden.
Die Tragik und Komik des Lebens erzählt Matthias Brandt in der Sprache der pubertierenden Jungs, was das Ganze noch authentischer wirken lässt. Er versteht des die ganze Bandbreite des Lebens mit 15 zu beschreiben, Ängste, Träume und Wünsche zu erfassen. Man kommt sich vor, als wäre man selbst wieder 15. Man hofft, bangt und träumt mit den Jungs und man erinnert sich, wie es war, als alles zum ersten Mal passierte.
Eine wunderschöne, anrührende aber keinesfalls kitschige Geschichte . Ein phantastisches Leseerlebnis und ich möchte fast sagen "mein" schönstes Buch des Jahres.
Ich hoffe ihr seid ebenso begeistert wie ich es war. Viel Spaß dabei.
Nino Haratischwili,1983 geboren in Georgien, lebt in Hamburg. Sie ist Theaterregisseurin, Dramatikerin und Autorin.
Knapp 1300 Seite, die auf überwältigende Weise von Liebe und Hass, Aufstieg und Fall des Kommunismus und von einem Geheimrezept für heiße Schokolade erzählen, dessen Geheimnis und durchaus gefährliche Wirkung nur die Frauen der Familie kennen. Ein Familienepos, das sechs Generationen und ungefähr 100 Jahre umspannt und keine Sekunde langweilig wird. Jede Figur für sich ist einzigartig und doch durch ihr Handeln und dessen Folgen mit den anderen verbunden. Begleitet und beeinflusst wird die Familiengeschichte durch die Geschichte Georgiens und der Sowjetunion. Geografisch reicht sie von Tbillissi über Moskau, Leningrad, London, Berlin bis nach Wien. Sie beginnt in den 20er Jahren und reicht bis in unsere Gegenwart.
Die Personen werden immer wieder durch die politischen Strukturen der Sowjetunion in ihrem Handel eingeschränkt und beeinflusst. Sie sind dem System oft machtlos ausgeliefert. Jede Rebellion wird im Keim erstickt und endet oftmals in einer Katastrophe. Überhaupt scheint die Familie Jaschi dazu verdammt immer wieder die gleichen Fehler wiederholen zu müssen und zu straucheln – was eng verwoben ist mit dem „Fluch der heißen Schokolade“, deren Rezept vom Ururgroßvater der Erzählerin entwickelt und weitergegeben wurde und jeden ins Unglück stürzt.
Der Roman beginnt in der Kindheit von Stasia und ihren Schwestern. Ihr Vater besitzt eine Schokoladenfabrik und liebt seine besonderen Rezepte. Aber die Enteignungen durch die Sowjets lässt nicht auf sich warten.
Stasia heiratet Simon Jaschi, der schließt sich der Revolution an. Ihr Leben besteht oft darin auf ihn zu warten, ihm Nachzureisen, ihn aus den Augen zu verlieren und auch ihre Kinder Kitty und Kostia wird sie in gewisser Weise verlieren. Ihr Leben ist eng verwoben mit dem ihrer Schwester Christine, die eine hohen Beamten heiratet, ein sorgenfreies Leben führt, bis der Vorgesetzte ihres Mannes ein Auge auf sie wirft, was eine neue Katastrophe in Gang setzt, die sie ihre Schönheit kostet, was sie aber letztendlich befreit
Der Leser erlebt mit der Familie Jaschi den zweiten Weltkrieg, während dem Kostia als Offizier seine erste und einzige Liebe kennenlernt und wieder verliert. Gleichzeitig beginnt für seine Schwester Kitty eine tragische Zeit, in der sie die Härte des Systems zu spüren bekommt, was schließlich dazu führt, dass sie aus der Sowjetunion und Georgien fliehen muss und alles was ihr lieb ist zurücklassen muss. Auch sie verliert die Liebe ihres Lebens an das System. Was die Familiengeschichte nachhaltig beeinflusst.
Kitty wird schließlich in England eine gefeierte Musikerin. Sie wird aber ihr Leben lang Sehnsucht nach der Heimat haben.
Kostia gründet eine Familie aber auch diese erlebt weitere Katastrophen, deren Auslöser unter anderem bei der Familie von Kittys großer Liebe zu finden sind.
Seine Tochter und seine Enkelinnen werden ihn immer wieder bekämpfen und seinen Anforderungen nicht genügen können. Seine Enkelin Niza wird die Familiengeschichte schließlich für ihre Nichte Brilka erzählen.
Die Geschichte endet 2006, die Sowjetunion in der ursprünglichen Form gibt es nicht mehr.
Die Autorin schafft wundervolle Charaktere und erzählt deren Leben mit viel Spannung ohne zu pathetisch zu werden. Als Leser fühlt und leidet man mit, hasst manche Entscheidung und wünscht sich oft eine glücklichere Wendung.
Das achte Leben wird Niza`s Nichte führen und Niza wird ihr die Erfahrungen der vorherigen sieben Leben mit ihr teilen, in der Hoffnung, dass sie vielleicht aus der Geschichte lernt.
Mich hat immer wieder die Geschichte Georgiens und der Sowjetunion fasziniert. Manches mag sicher nicht völlig korrekt wiedergegeben sein und durch die durchaus antikommunistische Haltung der Autorin etwas einseitig dargestellt worden sein, aber trotz allem habe ich hier viel Neues erfahren, was mich sicher zu weiteren Recherchen veranlassen wird. Auch die Schilderung Georgiens weckt in mir den Wunsch dieses Land zu besuchen und es kennen zu lernen.
Sprachlich wunderschön, manchmal rau und manchmal poetisch.
Ich habe das Buch als Hörbuch genossen, die Lesung war wundervoll und Julia Nachtmann hat sich selber übertroffen.
Lesen sie das Buch oder hören sie es, beides ist ein Genuss. Und keine Angst davor, dass es zu lange dauern könnte, sie werden überrascht sein, wie kurz es ihnen erscheint.
Ellen Sandberg ist eine erfolgreiche Münchner Autorin, geboren 1957. Ausbildung an der Design Akademie. Sie arbeitete zunächst in der Werbebranche, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Unter ihrem bürgerlichen Namen Inge Löhnig veröffentlicht sie eine erfolgreiche Krimireihe.
Ein Weingut an der Saar. Ein altes Verbrechen. Und eine Schuld, die nie verjährt…
„Penguin Verlag“
Eine Familiengeschichte und fast schon ein Krimi. Er erzählt von Verlust und Angst, von Liebe und Verrat, von Rache und Vergebung und davon, welche Folgen das Handeln anderer auf das eigene Leben haben kann.
Drei Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ariane, genannt Nane, Birgit und Pia, kein Dreigespann, da Nane und Birgit zusammenhalten wie Pech und Schwefel.
Birgit ist Lehrerin, verliert aber ihre Arbeit, als bekannt wird, dass sie sich mit einem Schüler eingelassen hat. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, übernimmt sie das Antiquariat ihrer Eltern. Hier verkauft sie Möbel und auch alte Gemälde. Diese wiederum restauriert Pia.
Nane, die lebhafteste und wildeste der Schwestern, arbeitet in einer PR-Agentur. Hier lernt sie während eines Auftrags den Weingutbesitzer Thomas von Manthey kennen. Er ist Witwer und sucht keine feste Beziehung. Nane aber verliebt sich in ihn und als er Schluss macht, bricht für sie eine Welt zusammen.
Margot Thomas Schwester lebt und arbeitet auf dem Gut.
Thomas hat ein altes Gemälde und lässt es von Pia restaurieren. Die beiden verlieben sich und heiraten schließlich. Als Nane von der Beziehung erfährt, sinnt sie auf Rache. Ihre Rachepläne führen soweit, dass Henning, der Sohn von Thomas, ums Leben kommt. Nane landet im Gefängnis.
Und da ist dann auch noch Sonja, Hennings Tochter, die Schriftstellerin werden will und zurück aufs Gut kommt um dort zu schreiben und zu recherchieren. Sie möchte nämlich ein Buch über den Tod ihres Vaters schreiben und stößt auf einige Ungereimtheiten. Könnte es sein, dass Nane unschuldig im Gefängnis saß?
Wer hat gelogen, für wen und warum?
Der Roman beginnt damit, dass Nane aus der Haft entlassen wird und erstmal bei ihrer Schwester Birgit unterkommt. Zu Pia hatte sie seit ihrer Verhaftung keinen Kontakt mehr. Damit nimmt die Handlung dann ihren Lauf.
Erzählt wird in zwei Zeitebenen aus zwei Perspektiven. Einmal befinden wir uns in der Gegenwart, in der Pia versucht sich Nane vom Leib zu halten, damit ihr Glück nicht zerstört wird. Die Rückblenden versetzen den Leser in die Vergangenheit vor 20 Jahren und hier erfahren wir welche Ereignisse dazu geführt haben, dass Nane im Gefängnis endet.
Der Spannungsbogen baut sich hervorragend dadurch auf, dass der Leser die Bruchstücke nach und nach zusammenfügen kann. Mit jedem Puzzleteil kommt man der Wahrheit näher.
Der Leser erkennt die eine einzige Lüge, die eine Lawine in Gang gesetzt hat, die in einer Katastrophe endet.
Spannend und lesenswert, tatsächlich fast ein Krimi.